BFH, Urt. v. 20.5.2015 – I R 68/14 und I R 69/14

Arbeitnehmerbesteuerung: I R 68/14: Besteuerung von in D. ansässigem Flugzeugführer der brit. Zweigniederlassung einer US-amerik. Fluggesellschaft; I R 69/14: kein Besteuerungsrückfall für im Quellenstaat teilweise besteuerte Einkünfte

I R 68/14: EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2, Abs. 9 Satz 3; DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. XI Abs. 5, Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 und Abs. 3 Buchst. b; I R 69/14: EStG § 50d Abs. 8, Abs. 9 Satz 1 Nr. 2, Abs. 9 Satz 3; DBA-Irland Art. 12 Abs. 3, 22 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. a Satz 1.

I R 68/14:

1. Für Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind (hier für Arbeitslohn eines Flugzeugführers nach Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-Großbritannien1964/1970), wird die Freistellung der Einkünfte unbeschadet des in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG2002i.d.F. des JStG2007 angeordneten Besteuerungsrückfalls auch dann gewährt, wenn der andere Vertragsstaat (hier Großbritannien) das ihm abkommensrechtlich zugewiesene Besteuerungsrecht an den Einkünften im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des Flugzeugführers nur für einen Teil der Einkünfte wahrnimmt (entgegen BMF v. 12.11.2008 – IV B 5 - S 1300/07/10080, BStBl. I 2008, 988; Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 19.12.2013 [BFH v. 19.12.2013 – I B 109/13, BFHE 244, 40]).

2. Vergütungen für Dienstleistungen, die an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr erbracht werden, können nach Art. XI Abs. 5 DBA-Großbritannien1964/1970 in dem Gebiete besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. An die Stelle der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens kann der Ort einer Zweigniederlassung eines solchen Unternehmens treten, wenn die betreffenden Luftfahrzeuge von dort aus selbständig in Dienst gestellt werden und dort die entsprechenden Leitungsaufgaben wahrgenommen werden. Für die Zwecke der Freistellung solcher Vergütungen gelten die Dienstleistungen nach Art. XVIII Abs. 3 Buchst. b DBA-Großbritannien1964/1970 aber nur als in dem Gebiet erbracht, in dem eine dort ansässige Person die Luftfahrzeuge betreibt.

I R69/14:

1. Einkünfte eines in Deutschland ansässigen Piloten aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit für eine in Irland ansässige Fluggesellschaft, die in Irland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht teilweise– soweit die Tätigkeit in Irland ausgeübt wurde– besteuert wurden, sind in Deutschland steuerfrei. Der Besteuerungsrückfall nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG greift nur bei vollständiger Nichtbesteuerung, nicht hingegen bei teilweiser Besteuerung der Einkünfte im Quellenstaat ein.

2. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht jene Einkünfte in den Besteuerungsrückfall ein, die abkommensrechtlich der Freistellung unterfallen; eine tatbestandliche Verbindung mit den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften im anderen Vertragsstaat– und den dortigen tatbestandlichen Erfordernissen– wird hingegen erklärtermaßen nicht gezogen.

3. Jedenfalls nach der Neuregelung in § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG2009i.d.F. der Änderung durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 (BGBl. I 2013, 1809 = BStBl. I 2013, 790) sind § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 und § 50d Abs. 8 EStG nebeneinander anzuwenden.

(nicht amtliche Leitsätze)

Download BFH, Urt. v. 20.5.2015I R 68/14
Download  BFH, Urt. v. 20.5.2015I R 69/14

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.10.2015 14:28

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