BFH, Urt. v. 29.8.2012 – I R 7/12

Lösung Konkurrenz zwischen Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit allein anhand abstrakter Normenprüfung

8b Abs. 7 KStG 1999, 8b Abs. 5 KStG, Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Sätze 1 und 3 DBA USA 1989

1. Die sog. Schachtelstrafe gem. 8b Abs. 7 KStG 1999 verstößt gegen die unionsrechtliche Grundfreiheit der freien Wahl der Niederlassung nach Art. 43 EG (jetzt Art. 49 AEUV) und bleibt deswegen innerhalb der Europäischen Union unanwendbar.

2. 8b Abs. 7 KStG 1999 verlangt – i.V.m. Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Sätze 1 und 3 DBA USA 1989 als maßgebende Bezugsnorm – eine unmittelbare Beteiligung an einer in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Gesellschaft von mindestens 10 v.H. der stimmberechtigten Anteile und damit eine qualifizierte Mindestbeteiligungsquote, welche bei typisierender Betrachtung geeignet ist, nach der einschlägigen Spruchpraxis des EuGH „einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft zu ermöglichen“. Die Unanwendbarkeit von 8b Abs. 7 KStG 1999 erstreckt sich deshalb infolge Vorranges der Niederlassungsfreiheit gegenüber der Kapitalverkehrsfreiheit (nach Art. 56 EG, jetzt Art. 63 AEUV) nicht auf sog. Drittstaaten.

3. Die sog. Schachtelstrafe widerspricht weder den Diskriminierungsverboten des Art. XI des deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrages noch jenen des Art. 24 DBA USA 1989. Sie stellt gegenüber den abkommensrechtlichen Schachtelprivilegien auch kein „Treaty override“ dar.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.12.2012 11:10

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