BFH, Beschl. v. 11.12.2013 – I R 4/13

Tatbestands- und Verfassungsmäßigkeit von § 50d Abs. 10 EStG 2002/2009 und der dazu ergangenen Übergangsvorschriften

EStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 § 50d Abs. 10 Satz 1, § 52 Abs. 59a Satz 8; EStG 2009 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG § 50d Abs. 10 Satz 1 und 5, § 52 Abs. 59a Satz 10 und 11; EStG 1997 § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 5 Buchst. a; DBA-Italien 1989 Art. 7, Art. 11, Art. 24 Abs. 2 Buchst. a und b; Zustimmungsgesetz zum DBA-Italien vom 10.8.1990 Art. 32; AO § 2 (Abs. 1); GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 25, Art. 59 Abs. 2, Art. 100 Abs. 1; BVerfGG Art. 80

1. Erhält ein in Italien ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft Zinsen für ein von ihm der Gesellschaft gewährtes Darlehen, so können diese Zinsen nach dem DBA-Italien 1989 in Deutschland nicht als gewerbliche Gewinne besteuert werden (Bestätigung der ständigen Spruchpraxis). Ein deutsches Besteuerungsrecht kann sich insoweit aber infolge der in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 angeordneten Umqualifizierung von Sondervergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG (1997) in abkommensrechtliche Unternehmensgewinne ergeben, wenn der Gesellschafter über keine anderweitige Betriebsstätte verfügt (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 8.9.2010 – I R 74/09, BFHE 231, 84, und Fortführung des Senatsurteils vom 12.6.2013 – I R 47/12, BFHE 242, 107). Gleiches ergibt sich nunmehr aus § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG.
2. Eine sog. Mitunternehmerbetriebsstätte wird jedenfalls nicht durch die bloße Verwaltung eines Darlehens begründet (Bestätigung des Senatsurteils vom 12.6.2013 – I R 47/12, BFHE 242, 107).
3. Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt,
a) ob § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG verstößt, weil hierdurch Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG (1997) – hier Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen – für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausschließlich als Unternehmensgewinne gelten, obwohl das Besteuerungsrecht für die Vergütungen in einem solchen Abkommen völkerrechtlich dem anderen Vertragsstaat als dem Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers zugewiesen wird (hier nach Art. 11 Abs. 1 DBA-Italien 1989) und Deutschland lediglich ein Quellensteuerrecht zusteht (hier nach Art. 11 Abs. 2 DBA-Italien 1989);
b) ob in gleicher Weise § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG verstößt, weil hierdurch eine Vergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG (1997) für Zwecke der Anwendung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ebenfalls ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters gilt;
c) ob § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2009 (nunmehr § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG 2002 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG) und § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG 2009 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) verfassungswidrig sind.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.03.2014 14:34

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