Editorial
Hey, Felix / Micker, Lars, Kooperation zwischen der ISR und dem IFITAX, ISR 2023, 1
Europäisches Steuerrecht
Aufsätze
Gosch, Dietmar, Lizenzen im Staatensteuerwettbewerb – die Lizenzschranke im Binnenmarkt und in der
“weiten Welt“, ISR 2023, 2-10
§ 4j EStG, die Vorschrift über die sog. Lizenzschranke, ist Ausfluss und Umsetzung
der internationalen Bemühungen, gegen “unfairen“ Steuerwettbewerb der einzelnen Staaten
vorzugehen. Das geschieht in Gestalt der einschlägigen Anti-Lizenzboxen-Regelungen
durch ein Lizenzentgeltabzugsverbot. Anders gewendet: Im grenzüberschreitenden Kontext
werden für Körperschaften und ihnen nahestehende Personen Aufwandsabzüge untersagt.
Es ist augenfällig, darin aus Sicht des Unionsrechts eine Diskriminierung oder Beschränkung
zu sehen, wird doch der reine Inlandsfall abweichend von dem Auslandsfall behandelt
– und so wird das denn auch erwogen und zumeist auch vertreten. Doch dagegen positionieren
sich die Finanzverwaltungen. Sie versuchen, neue Rechtfertigungsinstrumente zu (er)finden
und abzuleiten, um im Kielwasser “Steuerlicher Abwehrrechte“ die einzelstaatlichen
Maßnahmen in ein besseres Licht zu rücken. Teilweise wird das auch aus wissenschaftlicher
Sicht wohlwollend begleitet. Die Antwort darauf steht noch aus, sie wird vermutlich
dermaleinst vom EuGH gegeben werden müssen.
Sendke, Thomas, Die Bedeutung der Unionsgrundrechte im harmonisierten Steuerrecht – zugleich Anmerkung
zum Urteil des EuGH v. 8.12.2022 – C-694/20, ISR 2023, 11-20
Mit zunehmender Harmonisierung des Steuerrechts gewinnen auch die Unionsgrundrechte
als Kontrollmaßstab an Bedeutung. Durch Urteil vom 8.12.2022 (EuGH v. 8.12.2022 –
C-694/20, ECLI:EU:C:2022:963 – Orde van Vlaamse Balies) hat die Große Kammer des EuGH
erstmals eine Regelung einer steuerrechtlichen Richtlinie wegen Verstoßes gegen die
Unionsgrundrechte für ungültig erklärt. Die Entscheidung stellt einen Meilenstein
für den Grundrechtsschutz im Europäischen Steuerrecht dar. Aus diesem Grund soll die
Entscheidung des EuGH näher untersucht und aufgezeigt werden, welche Folgerungen sich
aus dem Urteil sowohl für die DAC6 als auch das deutsche Umsetzungsrecht ergeben.
Zudem gibt die Entscheidung des Gerichtshofs Anlass dazu, sich mit der Bedeutung der
Unionsgrundrechte im harmonisierten Steuerrecht zu beschäftigen.
Piekenbrock, Andreas, Die Berücksichtigung von Pflichtteilen bei beschränkt Steuerpflichtigen – Folgen aus
EuGH, Urt. v. 21.12.2021 – C-394/20 – Finanzamt V, ISR 2023, 21-27
Der EuGH hat in seinem Urteil in der Rechtssache “Finanzamt V“ (EuGH v. 1.12.2005
– C-394/20, ECLI:EU:C:2014:2377) entschieden, dass die Kapitalverkehrsfreiheit (Art.
63 AEUV) verletzt ist, wenn der beschränkt steuerpflichtige Erbe die Nachlassverbindlichkeiten
aus geltend gemachten Pflichtteilen nicht vom steuerpflichtigen Nachlasswert abziehen
kann. Daher muss die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung ändern, soweit das auf
den Erbfall anwendbare Recht ein obligatorisches Pflichtteilsrecht entsprechend § 2303
BGB vorsieht und mit dem betroffenen Staat kein DBA auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer
besteht. Werden Familienangehörige nach dem anwendbaren Erbrecht auch gegen den Willen
des Erblassers Miterben, entstehen dagegen keine abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten.
Vielmehr sind alle Miterben entsprechend ihrer Erbquote beschränkt steuerpflichtig.
Der Gesetzgeber sollte die Entscheidung zum Anlass nehmen, die geltend gemachten Pflichtteile
der beschränkten Steuerpflicht zu unterwerfen, wenn der Erbe die entsprechenden Nachlassverbindlichkeiten
abziehen kann. Für Vermächtnisse gelten diese Überlegungen entsprechend.
Heider, Christian, Referentenentwurf zur innerstaatlichen Umsetzung des public Country-by-Country Reporting
– Überblick und kritische Einordnung, ISR 2023, 27-34
Mit der geänderten EU-Bilanzrichtlinie wird der öffentliche Ertragsteuerinformationsbericht
(sog. public Country-by-Country Reporting, pCbCR) für besonders große multinationale
Unternehmen mit EU-Nexus für Geschäftsjahre beginnend ab Mitte 2024 Realität. Durch
den nun vorliegenden Referentenentwurf zur Umsetzung des Ertragsteuerinformationsberichts
sollen die EU-Vorgaben innerstaatlich in den §§ 342 ff. HGB-E ins Werk gesetzt werden.
Vor diesem Hintergrund widmet sich der vorliegende Beitrag dem Referentenentwurf und
führt ihn einer ersten kritischen Würdigung zu.
DBA/OECD
Rechtsprechung kompakt
FG Münster v. 10.8.2022 - 13 K 559/19 G,F / Quilitzsch, Carsten / Heider, Christian / Dapprich, Tim Niklas, Passive Entstrickung führt nicht zur Besteuerung, ISR 2023, 34-36
Tagungsberichte
Micker, Lars, Ifitax – Vierte Vortragsveranstaltung “Verrechnungspreise, Schätzung und Beweisfragen“,
ein Tagungsbericht, ISR 2023, 37