Aktuell in der ISR

Entstrickung und Verstrickung: Aktuelle Fragen und ATADUmsG (Ditz/Rupp, ISR 2021, 413)

Durch das ATADUmsG v. 25.6.2021 wurden die Ent- und Verstrickungsvorschriften im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht geändert. Die Autoren stellen die Änderungen im Einzelnen dar und unterziehen sie einer ersten kritischen Würdigung. Darüber hinaus werden die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der passiven Entstrickung durch den Neuabschluss oder die Änderung von Doppelbesteuerungsabkommen erörtert.


I. Einleitung

II. Änderungen der Entstrickung gem. ATADUmsG

1.        Entstrickungsbesteuerung nach der bisherigen Rechtslage

2.        Änderung gem. ATADUmsG

III. Änderungen der Verstrickung gem. ATADUmsG

1.        Verstrickungsbesteuerung nach der bisherigen Rechtslage

2.        Änderungen gem. ATADUmsG

IV. Passive Entstrickung durch Neuabschluss oder Änderung von DBA

1.        Position der Finanzverwaltung

2.        Ermittlung der Grundstücksquote nach Auffassung der Finanzverwaltung

3.        Frage der Qualifikationsverkettung mit dem ausländischen Steuerrecht

4.        Bewertung aus Sicht der Steuerberatung

5.        Ausblick

V. Fazit



I. Einleitung

Was unter einer „Entstrickung“ zu verstehen ist, wird gesetzlich nicht definiert. Vielmehr wurde der Begriff – soweit ersichtlich – erstmalig in der Entscheidung des BFH v. 16.7.1969 verwendet, als im Zusammenhang mit der finalen Entnahmetheorie von einer „Gewinnverwirklichung durch Steuerentstrickung“ gesprochen wurde. Damit bezieht sich die „Entstrickung“ auf Vorgänge, in denen in Wirtschaftsgütern ruhende stille Reserven – trotz fehlender Realisation am Markt – besteuert werden, da sie einer inländischen Besteuerung entzogen werden. Im Rahmen einer Steuerentstrickung wird der (positive oder negative) Unterschiedsbetrag zwischen dem Markt- bzw. Fremdvergleichswert des Wirtschaftsguts und dessen Buchwert realisiert, da das inländische Besteuerungsrecht auf die aus diesem Wirtschaftsgut resultierenden Einkünfte verloren geht oder zumindest beschränkt wird. Da die Steuerentstrickung einen (fiktiven) Gewinnrealisationstatbestand auslöst, bezieht sie sich üblicherweise auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer (einschl. Solidaritätszuschlag) sowie die Gewerbesteuer. Sie kann sich auf ein Steuersubjekt oder ein Steuerobjekt beziehen. Eine subjektbezogene Steuerentstrickung kommt z.B. bei der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht (z.B. durch Wegzug) in Betracht. Eine objektbezogene Steuerentstrickung ist bei einem Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts an einem Wirtschaftsgut (z.B. im Zusammenhang mit der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte) möglich.

Die Verstrickung bezieht sich auf die erstmalige Begründung des Besteuerungsrechts am Gewinn aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts und bildet folglich die „Kehrseite“ der Entstrickung. Sie erfasst damit Vorgänge, durch die in einem Wirtschaftsgut gebundene stille Reserven erstmalig einer deutschen Besteuerung zugeführt werden. Typisches Beispiel ist die Überführung eines Wirtschaftsguts von einem ausländischen Stammhaus in seine inländische Betriebsstätte.

Nachfolgend werden aktuelle Entwicklungen der Ent- und Verstrickung dargestellt. Diese beziehen sich einerseits auf die aus dem ATADUmsG v. 25.6.2021 resultierenden gesetzlichen Änderungen. Andererseits sind davon die passive Entstrickung durch den Neuabschluss oder die Änderung von DBA betroffen.

II. Änderungen der Entstrickung gem. ATADUmsG

1. Entstrickungsbesteuerung nach der bisherigen Rechtslage


Die Entstrickungsbesteuerung im Bereich des Betriebsvermögens ist in § 4 Abs. 1 Satz 3 f. EStG für Einzelunternehmen und Personengesellschaften sowie in § 12 Abs. 1 KStG für Körperschaften geregelt. Sie findet Anwendung, wenn das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsguts ausgeschlossen oder beschränkt wird. Im Einzelnen:

  • Ausschluss des Besteuerungsrechts: Bei Überführung eines Wirtschaftsguts in eine Betriebsstätte, die in einem Staat belegen ist, mit dem abkommensrechtlich die Freistellungsmethode in Bezug auf den Gewinn aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts vereinbart ist.
  • Beschränkung des Besteuerungsrechts: Bei Überführung eines Wirtschaftsguts in eine Betriebsstätte, die in einem Staat belegen ist, mit dem abkommensrechtlich die Anrechnungsmethode in Bezug auf den Gewinn aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts oder mit dem kein DBA vereinbart ist.


Auf der Rechtsfolgeseite erfolgt bei Ausschluss oder Beschränkung des Besteuerungsrechts eine (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.11.2021 09:23
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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