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Steuerabzug nach § 50a EStG bei Streaming-Angeboten inländischer Anbieter mit ausländischen Künstlern (Holthaus, ISR 2021, 377)

Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID‑19-Pandemie haben viele Kultureinrichtungen anstelle von Präsenzveranstaltungen ein umfangreiches Streaming-Angebot auf ihren Web-Sites installiert. Werden hierbei Vergütungen an ausländische Künstler gezahlt, ergeben sich verschiedene Fallgestaltungen, die im Beitrag gewürdigt werden sollen.


I. Live-Streaming

II. Streaming-Angebot für einen längeren Zeitraum

III. Ausschließlich zeitversetzte Streaming-Angebote

IV. Quintessenz


I. Live-Streaming

Insbesondere wegen vorübergehend geschlossener Konzert- und Theatersäle zur Bekämpfung der COVID‑19-Pandemie sind viele Häuser dazu übergegangen Streaming-Angebote an Abonnenten oder insgesamt frei Haus auf ihren Web-Sites anzubieten. Handelt es sich bei den digital darbietenden Künstlern um Steuerausländer, stellt sich auch hier die Frage nach dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 EStG. Zunächst muss zwischen einem Live-Streaming und einer über einen längeren Zeitraum aufrufbaren Darbietung unterschieden werden.

Ein Live-Mitschnitt bzw. Live-Stream ist nach Auffassung des BMF noch Teil der Darbietung bzw. stellt eine Darbietung an sich dar. Daher kommt es für die Frage der Versteuerung auf den Ort der (aufgezeichneten) Darbietung an. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG verlangt ausdrücklich eine Darbietung im Inland, weshalb es auch für die inländische Verwertung von Darbietungen nach § 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG, der ausdrücklich auf Darbietungen i.S.v. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG verweist, zur Begründung der Abzugssteuerpflicht auf den inländischen Darbietungsort ankommt. Befand sich der ausländische Künstler beim Aufzeichnen der Darbietung im Inland (z.B. im leeren deutschen Theater), unterliegt die Vergütung in voller Höhe dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Beispiel 1

Der polnische Pianist P lässt vom Konzerthaus Berlin ein Konzert live über deren Web-Site ausstrahlen, das im Konzerthaus am Gendarmenmarkt am 16.5.2020 ohne Saalpublikum stattfindet. Das Konzerthaus zahlt ihm dafür ein Honorar von 500 €.

P erzielt durch die künstlerische Darbietung in Berlin Einkünfte i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG dem Steuerabzug unterliegen, da die Darbietung im Inland stattfand. Es ist insoweit unerheblich, dass kein Publikum im Saal war, da das Konzert live einem Publikum via Internet zugänglich war. Nach § 50a Abs. 2 EStG beträgt der Steuerabzug 15 % also 75 € zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag.

Wird der ausländische Künstler vom Ausland aus gefilmt und wird der Stream lediglich als Live-Stream angeboten, unterliegt die Vergütung (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.10.2021 10:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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