Heft 6 / 2016

In der aktuellen Ausgabe der ISR (Heft 6, Erscheinungstermin: 10. Juni 2016) lesen Sie folgende Beiträge und Entscheidungen.

Außensteuerrecht

Riedel, Lisa, (Keine) Verlustrealisierung beim Wegzug natürlicher Personen gem. § 6 AStG? – Zugleich Besprechung des Urteils des FG München vom 23.5.2015 – 1 K 495/13, ISR 2016, 193-198

Gemäß § 6 AStG realisiert eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgibt und zuvor mindestens zehn Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, auch ohne Veräußerung einen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 EStG, wobei an die Stelle des Veräußerungspreises der gemeine Wert der Anteile im Wegzugszeitpunkt tritt. Unstreitig ist, dass die Vorschrift die Entstrickung stiller Reserven bei Anteilen im Privatvermögen erfasst. Ob und inwieweit korrespondierend hierzu auch die Berücksichtigung fiktiver Veräußerungsverluste geboten ist, falls der gemeine Wert der Beteiligung im Wegzugszeitpunkt den Buchwert unterschreitet, soll in diesem Beitrag untersucht werden.
According to Article 6 of the German law on tax relations with foreign countries, hidden reserves contained in stocks or corporate shares are realized and therefore subject to taxation if the owner moves his residency to another country (exit taxation). The following article tries to ascertain if the German exit taxation also applies to hidden losses.

DBA/OECD

BFH v. 25.11.2015 - I R 50/14, Besteuerung der Gesellschafter einer als US-LLP organisierten Anwaltssozietät nach Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989, ISR 2016, 198-201

Europäisches Steuerrecht

Heurung, Rainer / Fröhr, Katja / Ferdinand, Franziska, Europäische Harmonisierungsbestrebungen im internationalen Erb- und Erbschaftsteuerrecht – Aktuelle Bestandsaufnahme, ISR 2016, 201-207

Angesichts der steigenden Mobilität der EU-Bürger stellen grenzübergreifende Vermögensübertragungen längst keine Seltenheit mehr dar. Regelmäßig kommt es dabei zu einer Konfrontation mit mehreren, zum Teil widersprüchlichen Rechtsordnungen, welche die Abwicklung des Erbfalls innerhalb der EU beträchtlich verkomplizieren und u.U. sogar zu erheblichen Mehrbelastungen führen. Bestrebungen um eine Vereinheitlichung des internationalen Erb- und Erbschaftsteuerrechts innerhalb der Europäischen Union (EU) bestehen seit langem. Eine materielle Harmonisierung, d.h. eine inhaltliche Angleichung der innerstaatlichen Regelungen der EU-Mitgliedstaaten konnte mit der Einführung der EU-ErbVO bislang jedoch nur auf Teilgebieten des Erbrechts umgesetzt werden. Doch auch im internationalen Erbschaftsteuerrecht besteht Hoffnung auf einen Abbau grenzüberschreitender Erbschaftsteuerhindernisse zwischen den Mitgliedstaaten. In einer Mitteilung vom 15.12.2011 analysiert die EU-Kommission die Probleme und das Ausmaß bei der Besteuerung grenzüberschreitender Erbfälle und spricht Empfehlungen zur Änderung der erbschaftsteuerlichen Rahmenbedingungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten aus. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick über die mit der EU-ErbVO bereits eingetretenen wesentlichen Änderungen im internationalen Erbrecht der EU und stellt im Anschluss die Lösungsvorschläge der EU-Kommission zur Harmonisierung des internationalen Erbschaftsteuerrechts vor.
Due to the increasing mobility of EU citizens, cross border asset transfers have become more frequent. This results in a confrontation of different, in parts also contradictory jurisdictions, which make the processing of a succession more complicated and may lead to significant additional costs. The European Union strives for a harmonization of the international inheritance laws and inheritance tax laws of the EU member states for a long time. A harmonization, meaning the assimilation of the member states laws, has been reached by implementing the EU-Inheritance-Regulation. However, the Regulation only applies to inheritance law but excludes for example inheritance tax issues, the law of companies or asset transferred other than by inheritance. On the level of the international inheritance tax law, there is also hope for the reduction of obstacles between the member states in a cross-border case. The European Commission has published a communication on December 15th 2011, analyzing the problems and the dimension of cross-border inheritance tax obstacles within the EU. The Commission also gives recommendations to change the inheritance tax conditions within the EU in order to reduce the obstacles in cross border cases. The following article gives an overview about the essential new changes within inheritance law in the EU due to the implementation of the EU Inheritance Regulation and also presents the proposed solutions by the European Commission for a harmonization of the international inheritance tax law.

EuGH v. 14.4.2016 - Rs. C-522/14, Steuerliche Auskunftspflichten eines Kreditinstituts in Deutschland gehen einem strafbewährten Bankgeheimnis vor, dem eine Zweigniederlassung des Kreditinstituts in einem anderen Mitgliedstaat unterliegt; die Anzeigepflicht für Nachlassvermögen nach § 33 ErbStG, das von einer österreichischen Zweigstelle einer deutschen Sparkasse verwaltet wird, verstößt nicht gegen die Niederlassungsfreiheit, auch wenn die Offenbarung der Vermögensgegenstände mit dem österreichischen Bankengeheimnis kollidiert, ISR 2016, 207-209

BFH v. 2.12.2015 - I R 13/14, Währungsverluste bei Liquidation einer ausländischen (hier: US-amerikanischen) Unterpersonengesellschaft, ISR 2016, 209-212

Internationale Steuerplanung/Verrechnungspreise

Roderburg, Georg / Richter, Thomas, Arbeitnehmer: Mittelpunkt der Lebensinteressen bei zeitlich beschränkten Auslandsaufenthalten, ISR 2016, 213-218

In der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts zieht es mehr und mehr Menschen für zeitlich begrenzte Aufenthalte ins Ausland. Studenten verbringen Teile ihres Studiums im Ausland, Arbeitnehmer werden im Rahmen von Secondments zu ausländischen Konzerngesellschaften entsendet und Manager oder Unternehmer kümmern sich “vor Ort“ um neu erworbene oder in die Krise geratene Landesgesellschaften.Die Bedingungen für solche Auslandsaufenthalte, vor allem die Verkehrsinfrastruktur, haben sich in den letzten Jahren massiv verbessert. Ob jemand aus Frankfurt nach Berlin oder nach London “pendelt“ dürfte heutzutage zeitlich und sogar finanziell keinen allzu großen Unterschied mehr machen. Im Gegensatz zu früheren Zeiten dauern Auslandsaufenthalte daher heute regelmäßig nicht mehr nur einige Monate, sondern häufig einige Jahre. Weil sich überdies auch die Bedingungen für den Ehepartner und ggf. Kinder vor Ort verbessert haben (Arbeitsplatzangebot, einfacher Zugang zu internationalen Kindergärten oder Schulen), ziehen oftmals auch die Familien für einige Jahre mit ins Ausland. Aufgrund regelmäßigen Pendelns zwischen Heimat- und Arbeitsort wird dabei allerdings der Wohnsitz im Inland dennoch häufig beibehalten.Steuerlich ist in diesen Konstellationen vor allem von Interesse, in welchem Staat der Steuerpflichtige während seines Auslandsaufenthalts steuerlich ansässig ist. Dies hat zum einen unmittelbare Konsequenzen für die unbeschränkte Ertragsteuer- und ggf. auch Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht. Zum anderen kommt dieser Frage aber auch im Rahmen der Entstrickungsregelungen (z.B. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, § 6 AStG, § 50i EStG) erhebliche Bedeutung zu. In der Praxis entscheidet sich die steuerliche Ansässigkeit häufig am sog. “Mittelpunkt der Lebensinteressen“. Der folgende Beitrag stellt die Anforderungen an diesen daher im Detail dar und untersucht die Frage, welche Auswirkungen sich aus der tendenziell längeren Dauer der Auslandsaufenthalte hierfür ergeben.
In the globalized world of the 21st century, more and more people live abroad for a certain time period. Students spent parts of their studies at foreign universities, employees are seconded to local group companies and mangers or entrepreneurs are required on-site in order to restructure foreign subsidiaries or integrate newly acquired companies in the group.The conditions for such stays abroad, particular the transport infrastructure, have massively changed within the last years. Whether someone commutes from Frankfurt to Berlin or to London should be alike from a timing and even from a financial perspective nowadays. Thus, the stays abroad are often extended from a few months to a few years. As also the conditions for spouses and kids have improved (e.g. availability of jobs, easy access to international schools or kindergarten), often the whole family moves abroad. Due to the regular commuting between the home and the foreign country, however, people often keep their house in their home country during the stay abroad.From a tax perspective, the most interesting aspect in this context is where the individual is tax resident during his stay aboard. That has direct consequences for both the unlimited income, gift and inheritance tax liability as well as a potential exit taxation (Sec. 4 para. 1 sent. 3 German Income Tax Act, Sec. 6 Foreign Tax Act, Sec. 50i Income Tax Act). In practice, the decisive criteria for the determination of the tax residency in cross-border situations is often the so-called “center of living interest“. This article describes in detail the conditions for the center of living interest and investigates whether the regular extension of the stays abroad from a few months to a few years can have an impact on the center of living interest.

Kraft, Gerhard / Gräfe, Maren / Moser, Till, Missbrauchsklausel: Das Verhältnis von allgemeinen zu speziellen Missbrauchsklauseln – illustriert anhand von Gestaltungen mit ausländischen Familienstiftungen, ISR 2016, 219-223

Zusammen mit der allgemeinen Missbrauchsbestimmung des § 42 AO geben sog. spezielle Missbrauchsklauseln den Rahmen vor, innerhalb dessen seriöse Steuerplanung betrieben werden kann. Während der vergangenen Dekaden hat der insoweit außerordentlich aktive Steuergesetzgeber ein ganzes Füllhorn solcher spezieller Missbrauchsklauseln ins Werk gesetzt. Das Verhältnis von allgemeinen zu speziellen Missbrauchsklauseln hat sowohl die nationale als auch die internationale Steuerdiskussion der letzten Jahre intensiv beschäftigt. Da dieser Thematik sowohl rechtsdogmatisch überragende Bedeutung zukommt als auch die praktische Steuergestaltung vor schwierige Probleme stellt, untersucht der nachfolgende Beitrag anhand einer speziellen Thematik dieses Verhältnis. Es geht um Gestaltungsvarianten im Kontext ausländischer Familienstiftungen, deren steuerliche Behandlung durch das Amtshilferichtlinieumsetzungsgesetz aus dem Jahr 2013 einen Paradigmenwechsel erfahren hat.
Together with the general anti-tax-avoidance clause anchored in sec. 42 of the German General Tax Code, special anti-tax-avoidance clauses form the statutory framework for any legitimate German tax planning. As the German lawmaker has added numerous special anti-tax-avoidance clauses in the last years, the relation between sec. 42 German General Tax Code and these clauses is of particular interest from a tax practitioner’s perspective – both with regard to the prospects of further German tax planning and legal certainty in connection with existing structures. In this context, the following article shows the most important problem areas by discussing some structures involving foreign family foundations used in international tax planning.

Schwemin, Niklas, Verrechnungspreis: Zollwertbestimmung und Verrechnungspreise? Der jüngste Leitfaden der World Customs Organization (WCO) – Inhalt und Nutzen der Ausführungen der WCO, ISR 2016, 224-228

Am 24.6.2015 hat die World Customs Organization (WCO) ein Papier zum Thema “Zollwertbestimmung und Verrechnungspreise“ (Leitfaden der WCO) veröffentlicht (http://www.wcoomd.org/en/topics/key-issues/revenue-package/[sim ]/media/36DE1A4DC54B47109514FFCD0AAE6B0A.ashx). Dieses wird als “bedeutender und neuer Leitfaden“ zu den genannten Themengebieten angekündigt und soll die relevanten Methoden sowohl für die Zoll- als auch für die Steuerbehörden darstellen. Ferner sollen in dem Papier die Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten aufgegriffen werden, die es dem Zoll erlauben, Informationen aus dem Verrechnungspreisbereich zu nutzen, um Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen zu analysieren (s. WCO, http://www.wcoomd.org/en/media/newsroom/2015/june/new-wco-guide-to-customs-valuation-and-transfer-pricing.aspx). Der nachfolgende Artikel stellt den Inhalt des WCO-Leitfadens dar und untersucht, inwieweit sich daraus neue Ansätze ergeben, die es ermöglichen, die Schnittstellen der beiden Themengebiete in Zukunft besser zu nutzen.
On June 24, 2015, the World Customs Organization (WCO) published a guide to “Customs Valuation and Transfer Pricing“ (http://www.wcoomd.org/en/topics/key-issues/revenue-package/[sim ]/media/36DE1A4DC54B47109514FFCD0AAE6B0A.ashx). The paper itself states that it contains a “meaningful and new guide“ addressing the mentioned topics and is meant to describe the relevant methods used by customs and tax authorities. Moreover, the paper aims at identifying the links between customs and transfer pricing and the possibilities for customs authorities to make use of information resulting from transfer pricing in order to analyze transactions between related companies (http://www.wcoomd.org/en/media/newsroom/2015/june/new-wco-guide-to-customs-valuation-and-transfer-pricing.aspx). This article summarizes the WCO paper and evaluates to what extent it provides new approaches that allow for a better use of the links between the two areas in the future.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 03.06.2016 18:05